# Bare Metal Recovery (BMR): Die Wiederbelebung toter Hardware
TL;DR / Management Summary Ein Bare Metal Recovery (BMR) ist die Königsdisziplin des Restores. Ziel ist es, einen Server inklusive Betriebssystem, Treibern, Applikationen und Daten auf einer fabrikneuen, “nackten” Festplatte wiederherzustellen. Ein Senior Admin nutzt BMR-Technologien (wie Veeam Recovery Media oder WinPE-Images), um die Neuinstallation und Konfiguration des OS zu überspringen. Dies reduziert die Wiederherstellungszeit (RTO) von Tagen auf Stunden.
# 1. Einführung & Funktionsweise
Vom Bit-Image zum laufenden Kernel.
Ein Bare Metal Backup ist ein Image-basiertes Backup, das den gesamten physischen Datenträger (inklusive Boot-Partitionen und Master Boot Record) sichert.
- Booten: Der Zielserver wird mit einem speziellen Boot-Medium (ISO/USB) gestartet.
- Mapping: Die Backup-Software verbindet sich mit dem Repository (Artikel 601).
- Streaming: Die Partitionsstruktur wird erstellt und die Datenblöcke werden auf die neue Hardware geschrieben.
- Hardware Adjustment: Das System injiziert im letzten Schritt Treiber für die neue CPU/NIC/RAID-Controller, damit das OS bootfähig wird.
# 2. Vorbereitung in der Praxis
Das Rettungs-Medium erstellen.
Warten Sie nicht auf den GAU, um das Boot-Medium zu erstellen.
# Schritt 1: Recovery Media Creation
Nutzen Sie die Funktion Ihrer Backup-Software (z.B. “Create Recovery Media” in Veeam oder Windows Backup).
- Wichtig: Integrieren Sie spezifische Treiber für Ihre Server-Hardware (z.B. PERC RAID-Treiber oder VirtIO-Treiber für Proxmox).
# Schritt 2: Der Netzwerk-Check
Das Boot-Medium muss die Netzwerkkarte erkennen, um die Daten vom NAS/Server zu laden. Testen Sie den Ping innerhalb der Boot-Umgebung.
# 3. Deep Dive: BIOS vs. UEFI & Partitionen
Die Fallstricke des Layouts.
Ein BMR schlägt oft fehl, wenn die Ziel-Hardware ein anderes Boot-Modell nutzt als die Quelle.
- Szenario: Backup von altem BIOS-Server -> Restore auf neuen UEFI-Server.
- Herausforderung: Die Partitionstabelle muss von MBR auf GPT (Artikel 439) konvertiert werden. Moderne BMR-Tools erledigen dies automatisch, aber ein manueller Check ist Pflicht.
# 4. Day-2 Operations: P2V und V2P
Über Hardwaregrenzen hinweg.
BMR ermöglicht auch den Umzug zwischen Welten:
- P2V (Physical to Virtual): Wiederherstellung eines physischen HP-Servers in eine Proxmox-VM.
- V2P (Virtual to Physical): Migration einer VM zurück auf echte Hardware.
- Aktion: Nutzen Sie BMR als Migrations-Tool, um Hardware-Lifecycle-Projekte zu beschleunigen.
# 5. Troubleshooting & “War Stories”
Wenn der Cursor nur blinkt.
# Top 3 Fehlerbilder
-
Symptom: “Operating System not found” nach dem Restore.
- Ursache: Boot-Flag auf der Partition fehlt oder Bootloader (GRUB/BCD) wurde nicht korrekt geschrieben.
- Lösung: Boot-Reparatur-Tools der jeweiligen OS-Wiederherstellungs-CD nutzen.
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Symptom: Blue-Screen (BSOD) beim ersten Start.
- Ursache: Inkompatibler Massenspeicher-Treiber (z.B. Wechsel von SATA auf RAID).
- Lösung: In der BMR-Umgebung “Inject Drivers” wählen und den INF-Treiber des Controllers laden.
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Symptom: Restore dauert 48 Stunden.
- Ursache: Der Netzwerk-Treiber im Boot-Medium nutzt nur 100 Mbit/s (Generic Driver).
# “War Story”: Der “Blindflug” im RZ
Ein Admin musste einen BMR-Restore via Remote-Management (iDRAC) durchführen. Er bootete das ISO erfolgreich.
Das Problem: Das Boot-ISO hatte keine Treiber für die 10G SFP+ Karte des Servers. Da er keine 1G Kupfer-Verbindung mehr im Rack hatte, konnte die Firewall die Backup-Daten nicht erreichen.
Lösung: Wir mussten das ISO lokal am Admin-PC mit den passenden .inf Treibern neu bauen (“Remastern”) und erneut via Virtual Media mounten.
Lehre: Testen Sie Ihre Recovery-Medien auf der exakten Ziel-Hardware, bevor Sie sie in den Tresor legen.
# 6. Monitoring & Reporting
Bereitschaft prüfen.
# BMR-Readiness Audit
Überprüfen Sie vierteljährlich:
- Sind für alle kritischen Server aktuelle Recovery-Medien vorhanden?
- Sind die ISOs auf einem Server gespeichert, der auch ohne das AD (Identity) erreichbar ist?
# 7. Fazit & Empfehlung
Bare Metal Recovery ist Ihre Lebensversicherung bei physischem Hardware-Tod.
- Empfehlung: Nutzen Sie Image-basierte Backups für alle physischen Knoten.
- Wichtig: Üben Sie den Restore auf eine leere Proxmox-VM. Wenn es dort funktioniert, sind die Chancen für echte Hardware gut.
# Anhang: Cheatsheet (BMR Workflow)
- Boot von ISO/USB.
- IP-Konfiguration (DHCP/Statisch).
- Mount Backup Repository (SMB/NFS/S3).
- Partition-Mapping (Disk 0 -> Disk 0).
- Restore & Driver Injection.
- Reboot & Post-Restore Verification.